Es ist gilt als die Wiege des Lebens auf unserem Planeten, als das am besten kontrollierte Lebensmittel und es sorgt mit einer Anomalie für wichtige Besonderheiten: Wasser. Ein kleines Molekül mit außergewöhnlichen Fähigkeiten.
Und genauso vielfältig wie die Eigenarten des Wassers sind auch die Experimente zu diesem Thema: von den Einstiegsversuchen zur Oberflächenspannung, bis hin zur Frage, warum wir auf Eis Schlittschuhlaufen können — eine Frage die tatsächlich noch vor wenigen Jahren in der Wissenschaft kontrovers diskutiert wurde.
Die schönsten Einstiegs-Experimente mit Wasser
Hier seht ihr den Blog-Beitrag als Video-Tutorial
In diesem Blog-Beitrag möchte ich euch meine fünf Favoriten für den Einstieg in das Thema Wasser vorstellen. Dabei geht es zunächst in drei Experimente um die schon erwähnte Oberflächenspannung des Wassers, wie man sie besonders einfach und spannend erleben kann und wodurch sie sich zerstören lässt. Außerdem habe ich zwei Experimente zur Adhäsion des Wassers ausgewählt, da diese Haftkraft des Wassers auch häufig im Alltag erlebt wird und leicht in Versuchen demonstriert werden kann. Alle Experimente mit dem vollständigen Aufbau aus Material, Durchführung usw. findet ihr hier.
Fangen wir an mit einem ausgesprochen simplen Experiment, das aber doch immer wieder verblüffend ist: Wir nehmen eine Pipette und träufeln Wasser auf eine 5-Cent-Stück. Sofort steht natürlich die Schätzfrage im Raum: Wie viele Tropfen passen wohl auf die Münze, bevor das Wasser überläuft? Vielleicht 10? Oder 20? Die richtige Lösung wird wohl keines der Kinder erraten. Denn es passen normalerweise 40-50 Tropfen Wasser auf das 5-Cent-Stück. Überraschend viele, wie ich finde. Und damit ist die Tonlage für eine Experimente-Serie rund um den Stoff des Lebens gesetzt: Wasser steckt voller Überraschungen!
Den Grund dafür, dass so viele Tropfen auf das Geldstück passen, kann man bei diesem Experiment besonders schön sehen: Das Wasser bildet nicht eine platte Pfütze auf der Münze, sondern türmt sich hoch wie in einer unsichtbaren Tüte. Vor allem kurz vor dem Überlaufen, erkennt man sehr schön, wie sich das Wasser über der Kante der Münze wölbt. Grund für diese Wölbung ist die Oberflächenspannung des Wassers, die aus den Anziehungskräften zwischen der Wassermolekülen resultiert. Aber woher kommt diese Anziehungskraft? Ein Wasserteilchen besteht bekanntlich aus einem Sauerstoffteilchen und zwei Teilen Wasserstoff. Daraus ergibt sich ein Molekül, das auf der Sauerstoffseite leicht negativ und auf der Wasserstoffseite leicht positiv geladen ist (man nennt das einen Dipol). Die positiven und negativen Seiten der einzelnen Moleküle ziehen sich an. Es bilden sich sogenannte Wasserstoffbrückenbindungen. Diese Anziehung wirkt innerhalb des Wassertropfens in alle Richtungen gleich und hebt sich im Ergebnis auf. An der Oberfläche aber, wirkt die Anziehung in Richtung des Tropfeninneren. Daher bildet Wasser kreisrunde Tropfen. Und deshalb liegt das Wasser wie ein durchsichtiger „Sack“ auf der Geldmünze.
Die Wirkung der Oberflächenspannung erlebt man bei diesem Experiment im Grunde gleich ab dem ersten Tropfen. Denn auch die Tatsache, dass Wasser tropfenweise aus der Pipette bzw. aus dem Wasserhahn läuft und nicht als dünnes kontinuierliches Rinnsal ist eine Folge der Oberflächenspannung. Das Wasser sammelt sich an der Pipettenspitze, aber solange die Oberflächenspannung größer ist als die Gewichtskraft, die durch die Erdanziehung auf den Tropfen wirkt, bleibt das Wasser an der Pipette. Wir schauen uns diese gespannte Oberfläche noch etwas genauer an:
Auch das zweite Experiment kommt mit minimalem Materialaufwand aus. Es beginnt mit einer Rätselaufgabe: Wie ist es möglich eine Büroklammer aus Metall auf einer Wasseroberfläche zum Schwimmen zu bringen? Dazu bekommt jede Gruppe zwei Büroklammern und eine kleine Schüssel mit Wasser. Aber egal, wie vorsichtig die Kinder ihre Büroklammern auf das Wasser legen — immer gehen sie unter. Die Lösung ist ganz einfach: Man biegt bei einer Büroklammer die beiden Metallbögen zu einem 90-Grad-Winkel auseinander. Dann legt man die andere Klammer auf diesen abstehenden Bogen wie auf einen kleinen Stuhl und läßt sie vorsichtig zu Wasser. Wie genau das aussieht, könnt ihr euch im Video-Tutorial (oben auf dieser Seite) ab 1´20“ anschauen. Tatsächlich gelingt es so, die Metall-Büroklammer auf dem Wasser abzulegen.
Dies ist ausdrücklich kein Experiment zum Thema „Schwimmen und Sinken“. Denn es sind nicht in erster Linie der Auftriebskräfte, die das Versinken der Büroklammer verhindern. Die Klammer liegt auf der Oberfläche wie auf einer durchsichtigen, aber ziemlich tragfähigen Haut. Das sieht man auch besonders schön, wenn man die Büroklammer vorsichtig wieder aus dem Wasser heraushebt.
Eine solche Oberflächenspannung ist keine besondere Eigenschaft des Wassers. Alle Flüssigkeiten zeigen diesen Effekt mehr oder weniger stark. Der Alkohol Ethanol zum Beispiel hat eine Oberflächenspannung, die nur ein Drittel so hoch ist wie die des Wassers. Die Oberflächenspannung von Quecksilber hingegen ist um ein Vielfaches größer als die des Wassers. So, genug von den Leistungen der Oberflächenspannung. Jetzt machen wir sie kaputt!
Für das dritte Experiment können wir die Schüssel mit Wasser aus dem Büroklammer-Experiment gleich weiter nutzen: Wir streuen etwas Pfeffer auf die Wasseroberfläche. Probehalber könnt ihr die Kinder einladen, mal vorsichtig die Fingerspitze in die Pfefferschicht zu tauchen. Es passiert nicht besonders viel, außer dass kleine Pfefferkörnchen am Finger hängenbleiben. Dann tauchen wir einen Finger in Spülmittel und dann geht´s wieder in die Pfefferschicht. Sofort geht der Pfeffer in alle Richtungen auseinander, so als würde er vor dem Finger flüchten. Was hat Pfeffer gegen Spüli? Nichts. Der Pfeffer hat eigentlich nichts mit dem Effekt zu tun, außer dass er eine Veränderung im Wasser sichtbar macht. Durch das Spülmittel (genauer durch die darin enthaltenen Tenside) zerreisst die Oberflächenspannung des Wassers. Die Wassermoleküle können sich bildhaft gesprochen durch das flutschige Spülmittel nicht mehr aneinander festhalten. In den äusseren Bereichen der Wasseroberfläche ist die Anziehungskraft zwischen den Molekülen aber noch vorhanden. Dadurch reisst die unsichtbare „Haut“ an der Oberfläche auseinander wie die Gummihaut eines Luftballons.
Mit Experiment Nummer vier verlassen wir die Oberflächenspannung und wenden uns einem anderen Phänomen zu, das zunächst einmal eher exotisch klingt, aber an vielen Stellen im Alltag erfahrbar ist: die Adhäsion. Hier benötigen wir zunächst ein Glas, etwas Wasser, eine Postkarte (oder ein etwa postkartengroßes laminiertes Stück Papier) und eine Handvoll Cent-Münzen. Das Experiment verläuft in zwei Schritten: Zunächst legen wir die Karte auf das leere Glas, wobei eine Seite (wie im Foto zu sehen) deutlich überhängt. Dann legen wir so lange Münzen auf die überhängende Seite, bis die Karte vom Glas fällt. Es ist nicht schwer zu erahnen, das schon spätestens bei der zweiten Münze die Karte Übergewicht bekommt.
Jetzt kommt der zweite Teil des Experiments: Wir füllen das Wasserglas bis zum Rand, also wirklich so weit, dass die uns ja schon bekannte Oberflächenspannung dafür sorgt, dass das Wasser sich am Glasrand hochwölbt. Dann legen wir die Karte so wie im ersten Teil auf das Glas. Jetzt ist die Rätselfrage: Wie viele Münzen kann ich jetzt wohl auf den überhängenden Kartenteil legen, bis die Karte fällt? Wie im Foto zu sehen, sollten jetzt etwa 10-15 Münzen auf der Karte einen Platz finden, bevor die Karte sich vom Wasserglas löst.
Das Wasser hat die Karte ganz offensichtlich festgehalten. Es tut dies mit einer Haftkraft, einer Haltekraft, einer Klebekraft, wie auch immer: In der Wissenschaft heißt diese Kraft Adhäsionskraft. Es ist eine Anziehungskraft zwischen den Molekülen des Wassers und der Oberfläche der Postkarte (im Gegensatz zur „Kohäsion“, die die Anziehungskräfte zwischen den Molekülen eines Materials, also zum Beispiel die Oberflächenspannung des Wasser beschreibt). „Adhäsion“ klingt natürlich sehr wissenschaftlich und tatsächlich ist es gar nicht so einfach, die Ursache dieser Kraft zu erklären. Es gibt in der Wissenschaft bis heute keine klare einheitliche Theorie, wie die Adhäsionskräfte zwischen den Oberflächen zustande kommen. Eine Tatsache, die bei Kindern immer besonders gut ankommt, denn sie lieben es, wenn auch die Wissenschaftler etwas nicht so ganz genau verstehen und es tatsächlich noch Dinge zu erforschen gibt.
Die Adhäsion ist an vielen Stellen im Alltag vor allem in Verbindung mit Wasser zu erleben: Sie ist die Ursache dafür, dass der nasse Duschvorhang an uns kleben bleibt, dass wir nasse Socken nur sehr schwer von den Füßen ziehen können und dass Bäume das Wasser hoch bis in die höchsten Zweige transportieren können.
Das letzte Experiment, das ich in diesem Beitrag vorstellen möchte, kann man unter die Frage stellen: Warum können Fliegen an der Decke laufen? Im Gegensatz zu den anderen vier Experimenten, eignet sich dieses weniger dafür, dass es die Kinder selbst in kleinen Gruppen ausprobieren. Eine möglichst glatte Fläche muss (z.B. mit Hilfe eines Laborstativs oder auch durch aufeinander gestapelte Bücher) waagerecht angebracht werden (schaut im Video-Tutorial ab 13´40“). Besonders gut eignet sich eine Glasscheibe (z.B. aus einem alten Bilderrahmen), weil man dann durch das Glas beobachten kann, was geschieht. Außerdem brauchen wir eine CD oder DVD. Auch dieses Experiment kann man in zwei Schritten durchführen: Zunächst drückt man einfach die CD unter die Glasscheibe und fragt, was wohl passiert, wenn man die CD losläßt. Die Antwort ist klar: Die CD fällt runter. Dann verteilen wir ein paar Tropfen Wasser auf der CD und drücken sie erneut unter die Glasscheibe. Jetzt bleibt sie hängen. Die Adhäsionskraft zwischen Wasser und CD, sowie Wasser und Glasscheibe ist stärker als die Gewichtskraft, mit der die Erdanziehung die CD nach unten zieht.
Tatsächlich halten sich Fliegen mit einem ganz ähnlichen Trick an der Decke: Sie können an ihren Füßen eine Flüssigkeit absondern, die sich dann als Flüssigkeitsfilm zwischen Fuß und Decke legt, so wie der dünne Film zwischen CD und Glasscheibe. Dann hält die Adhäsion die Fliege an der Decke.
Das waren meine fünf Lieblingsexperimente für den Einstieg in das Thema Wasser. Aber das ist natürlich wirklich nur ein erster Schritt in die vielfältige Wasserwelt. Es wird schon bald einen Blog-Beitrag geben mit etwas fortgeschritteneren Wasser-Experimenten, zum Beispiel zur Anomalie von Wasser und Eis und zum hydrostatischen Druck. Alle Experimente könnt ihr wie erwähnt im oben stehenden Film noch einmal anschauen. Habt ihr andere Favoriten? Hat etwas nicht geklappt? Oder ist eine meiner Erklärungen unverständlich oder sogar falsch? Dann schreibt es mir in einem Kommentar hier oder direkt an